10. März 2019

Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich


Heute bin ich ein bisschen sauer geworden. So wütend, dass mir die Tränen in die Augen gestiegen sind. Und traurig.
Ganz kurz, wovon spreche ich gerade eigentlich?

Momentan befinde ich mich am Franz Josef Gletscher an der Westküste der Südinsel. Der erste Eindruck war absolut atemberaubend. Mitten im Tal, von Bergen und eben Gletschern umgeben. Selbst die Wolken, die Neuseelands höchsten Berg leider etwas verdeckten, konnten dem nichts abtun.

Voll Wanderlust bin ich natürlich direkt in meine Wanderschuhe gestiegen und machte mich auf dem Weg zum Parkplatz, von dem quasi alle Wanderwege starten. Die Aussicht war trotz Wolken super, aber wirklich genießen konnte ich den Weg nicht. Mindestens alle zehn Minuten schwirrte ein Helikopter über mir herum, immer und immer wieder. Am Fußgängerweg waren einige Informationsschilder angebracht, die auf das Schmelzen der Gletscher hinwiesen, anhand von Fotos zeigten, wie sich die Gletscherzunge in wenigen Jahrzehnten drastisch zurückgezogen hat. Und dann konnte ich den Gedanken einfach nicht mehr verdrängen, wie widersprüchlich das doch eigentlich ist:

Zitat aus meinem Reisetagebuch, in dem ich, als ich wieder im Hostel war, einmal meinen ganzen Frust abladen musste: "Es kann ja wohl nicht sein, dass die Gletscher geschützt werden sollen und alle über das Schmelzen traurig sind, dann aber wieder alle zehn Minuten ein Heli über einem hinwegfliegt [...] Da schau ich mir den Gletscher doch lieber "nur" von unten an und gebe dafür meinen Kindern usw. die Chance, das ebenfalls zu tun".
Na klar, auch ich bin nicht perfekt (schließlich bin ich mal eben 22h an das andere Ende der Welt geflogen und war auch schon Skydiven), aber was hier passiert, finde ich schon fast lächerlich. Ich will damit ja auch gar keinen verletzen, aber sobald man ein bisschen darüber nachdenkt, wird einem dieser Widerspruch schnell klar. Sind es diese paar Stunden mit tausenden Fotos wirklich wert?

Was ich rückblickend betrachtet auch echt verrückt finde, ist, wie diese Helikopterflüge (meist verbunden mit kleinen Wanderungen auf dem Gletscher) oft beworben werden: "Jo, die Gletscher sind bald weggeschmolzen, also nutzt die Chance und schaut euch den mal mit dem Heli an" (mal ganz übertrieben formuliert). Wie kann man das als Neuseeländer mit gutem Gewissen machen?
 
So, das war jetzt mal ein sehr impulsiver und spontaner Post, der einfach aus mir "rausgesprudelt" ist. Das sind meine rohen Empfindungen ohne jeglichen Filter, also fühlt euch nicht verletzt, ich möchte niemanden angreifen, sondern darauf aufmerksam machen, so manche touristische Ziele kritisch zu hinterfragen und nicht einfach alles mitzumachen. Am Ende muss jeder für sich entscheiden, wie die eigene Reise gestaltet werden soll. Niemand muss direkt auf jegliches Fliegen etc. verzichten, aber auch scheinbar kleine Dinge können einen großen Einfluss haben. Selbst, wenn diese Entscheidungen nur dein Umfeld zum Nachdenken anregen, ist schon etwas geschafft!
Hin und wieder reicht aus einfach schon, dem Ratschlag zu folgen: Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich. Dem kann ich vor allem hier in Neuseeland nur zustimmen.



1 Kommentar:

  1. Super! Diese Widersprüchlichkeit fällt mir auch zu anderen Umweltthemen auf. Dann bin ich fassungslos und weiß nicht mehr weiter.Letztendlich geht es fast überall um Profit. Danke für deinen Beitrag

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