9. Juli 2021

Pensamientos y sentimientos - Gedanken und Gefühle


 

Mal raus aus Gießen.

Ich muss mal raus. Es ist nicht so, dass ich hier gar nicht wieder hin will, aber ich brauche einfach mal eine Pause. Das letzte Jahr hier war viel mit alleine in der WG hocken verbunden, was ich jetzt, wo wieder mehr möglich ist, merke. Mit nur einem normalen Semester (und drei Semestern online) fehlt mir hier doch ein bisschen der Anschluss. Ich bin mir sicher, dass Sevilla und das unter die Leute kommen dort, mir hier helfen werden, wieder offener und kommunikativer auf Leute zuzugehen. Wahrscheinlich kann ich Gießen auch wieder viel mehr wertschätzen, wenn ich einige Monate mal nicht dort war (so ähnlich ging es mir auch in Neuseeland mit der Heimat).

Kurzer Stopp daheim.

Außerdem freue ich mich einfach mega doll auf den August in der Heimat. Auch wenn ich noch einiges vorhabe, ist meine Base erst einmal bei meiner Familie und meinen ältesten Freundinnen. Die habe ich alle die letzten Monate so wenig gesehen und möchte den Sommer noch einmal so richtig mit ihnen genießen und schöne Momente erleben. Da ich nun einmal nicht so die WhatsApperin bin, bin ich gespannt, wieder mit allen reden und mich austauschen zu können. 

 

Kein Bock auf „normales“ Semester.

Noch ein Grund, weshalb ich mich so unglaublich auf Sevilla freue, ist der Location-Wechsel und die Abwechslung allgemein. Schließlich bin ich jetzt seit fast 2 Jahren in Gießen, da muss mal was Neues her, damit es nicht langweilig wird. Und wenn ich dann nächstes Jahr wiederkomme, gibt es hier wieder eine Menge Dinge zu erleben und unternehmen. Jetzt gerade ist einfach ein bisschen die Luft raus. 

Mit der beginnenden Klausurenphase tue ich mich gerade auch sehr schwer. Zwar hatte ich in meinem vier Semestern Uni noch nie eine entspanntere Prüfungszeit (schließlich sind es nur drei Klausuren, und zwei davon sind sogar online!), aber irgendwie komme ich nicht so voran, wie ich das gern hätte. Naja, ein paar Wochen noch, dann ist dieses Semester auch erledigt und hoffentlich alles ganz gut bestanden.

Corona? Nicht drüber nachdenken.

Ganz hinten, in einer gut versteckten Ecke meines Kopfes macht sich manchmal (besonders an schlechten Tagen) eine Angst breit, die ich aber mit aller Kraft zurückzudrängen versuche: Was, wenn Corona mir einen Strich durch die Rechnung macht? Ja genau, „was wenn“. Ich weiß es nämlich nicht und werde es auch nicht vorhersagen können, weil das niemand kann. Dementsprechend versuche ich diesen Gedanken keinen Raum zu geben und mir die Vorfreude, die mich momentan in allem antreibt, nicht nehmen zu lassen. Challenge accepted!

Der Post war eigentlich schon fertig, aber hier ein kleines Update dazu: Gerade in diesem Moment fällt mir das C-Thema sehr schwer, weil ganz Spanien heute zum Risikogebiet erklärt wurde. Aber ich versuche mich wirklich nicht auf die negativen Gedanken fokussieren. Die Unsicherheit macht mich aber trotzdem einfach fertig...

 

 

5. Juli 2021

Preparaciones.

 


Verrückt, wie viel seit meiner Zeit in Neuseeland passiert ist und wie die Welt sich verändert hat. 

Aber statt über die Vergangenheit zu grübeln, blicke ich mit riesiger Vorfreude auf meine nächste große Reise, denn das kommende Wintersemester werde ich in Sevilla leben und studieren!

Wie letztes Mal, werde ich auch in dieser Zeit dann Gedanken teilen, wenn sie kommen und wenn mir danach ist. 

Heute möchte ich (vielleicht mehr für mich, als für sonst irgendwen) festhalten, was bisher alles passiert ist und wie weit die Planungen schon sind.

Dezember 2020

Bis zum 15. Dezember hatte ich Zeit, mir zu überlegen, wohin ich gerne gehen würde. Um die Planung zu vereinfachen, war für mich klar, dass es eine der Partnerunis der JLU Gießen wird. Ich habe viele Internetseiten durchforstet, Erfahrungsberichte gelesen und Wikipedia-Artikel überflogen. Bis zu dieser Deadline hatte ich mich auf meine Top 3 festgelegt:

    1. Sevilla

    2. Oslo

    3. Debrecen

Zusammen mit einigen persönlichen Daten und einem kurzen Motivationsschreiben musste ich mich so an meinem Fachbereich bewerben.

Und schon kurz vor Ende des Jahres, am 22. Dezember, bekam ich mit der Zusage für Sevilla ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk, das schöner nicht hätte sein können. Die E-Mail kam super überraschend, da ich eine Rückmeldung erst im Januar erwartet hatte. Zum Glück haben meine Kommilitoninnen regelmäßig in ihr E-Mail-Postfach geschaut, sonst hätte ich davon so schnell gar nichts mitbekommen. 

Die zweite Überraschung ließ auch gar nicht lange auf sich warten: Meine Freundin Tabea, mit der ich gemeinsam studiere, hatte auch eine Zusage für Sevilla bekommen! Was die Planung, Vorbereitung und vor allem die Vorfreude betrifft, habe ich also immer jemanden an der Seite zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung (wie sich einige Wochen später noch herausstellte, sind wir sogar vier Studentinnen von unserer Uni, die nach Sevilla gehen werden!).

Anschließend ging es schon mit dem ersten Orga-Krams los. Zur Beantragung des Mobilitätszuschusses durch Erasmus+ musste ich ein Formular ausfüllen, in dem nach einigen persönlichen Daten gefragt wurde. Das war aber auch ganz schnell erledigt und eher nur eine formelle Sache. Der riesige Pluspunkt eines Auslandssemesters mit Erasmus+ ist nämlich die finanzielle Förderung, die jede:r Studierende erhält. Diese ist quasi bedingungslos (bzw. es müssen keine zusätzlichen Leistungen erbracht werden) und muss auch nicht zurückgezahlt werden. Eine super Sache, um den Austausch zwischen verschiedenen Ländern für alle Menschen zu fördern!

***

Dann kam erstmal eine Zeit, in der bezüglich Sevilla nicht viel passiert ist. Meine Partneruniversität, die Universidad Pablo de Olavide, hat eine Weile auf sich warten lassen, bis sie sich endlich mal gemeldet hat. Das hat schon sehr an meinen Nerven genagt, weil ich mitbekommen habe, dass andere schon im Austausch mit ihren Partnerunis waren und, weil die globale Situation mich sowieso mitgenommen hat.

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Mai 2021

Im Mai fand dann *endlich* die Registrierung an der UPO in Sevilla statt (btw habe ich mich heftig gefreut, als die Mail bei mir eingetrudelt ist und ich den Absender gesehen habe). Auch da mussten wieder einige Daten angegeben werden; danach hat sich aber alles direkt viel realer angefühlt! (schließlich hatte ich dann eine richtig offizielle Zusage)

Außerdem musste ich einen Sprachtest von Erasmus absolvieren. Da hatte ich erst einmal keine große Lust drauf, weil ich mich im Spanischen immer noch nicht so selbstbewusst fühle. Aber nun gut, das musste nun einmal erledigt werden und hat auch keinen Einfluss auf die Zulassung, sondern ist eher für Erasmus und für mich persönlich (am Ende meiner Zeit dort muss ich zum Vergleich wieder einen Test machen und kann dann sehen, wie ich mich verbessert habe. Hoffentlich).

Juni 2021

Ende des Monats musste ich dann das Grant Agreement beim Akademischen Auslandsamt der JLU Gießen abgeben. Das ist quasi der Vertrag, den ich mit dem Erasmus-Programm abschließe, um die Förderung zu erhalten. Darin ist geregelt, unter welchen Bedingungen ich die monatliche Förderung erhalte usw. 

Mittlerweile wusste ich dann auch, wann genau die Semesterzeiten in Sevilla sind. Es geht schon etwas früher los, als ich es gewohnt bin (Mitte/Ende September) und hört dafür aber auch schon kurz nach den Weihnachtsferien auf.

Juli 2021

Diesen Monat ist dann noch mehr Spannendes passiert, denn die Kurswahl hat begonnen und ich habe mich direkt für einige Kurse angemeldet.

Zu diesem Zeitpunkt bin ich mir noch nicht ganz sicher, welche und auch wie viele Kurse ich im Endeffekt wirklich belegen werde. Zur Sicherheit habe ich erst einmal etwas zu viel genommen (35 ECTS) und werde noch einiges rausstreichen, denn alle Kurse werden auf Spanisch sein. Und auch wenn ich mittlerweile in Gießen den Spanischkurs B2.1 besuche, denke ich nicht, dass ich einen normalen Semesterworkload von 30 ECTS schaffen werde.

Um mich auch für einen semesterbegleitenden Spanischkurs anzumelden, durfte ich außerdem mal wieder einen Einstufungstest machen, dieses Mal aber direkt von der UPO. Auch wenn ich *once again* keine große Lust darauf hatte, war es im Endeffekt wirklich nicht so schlimm wie erwartet (aber mal ganz ehrlich: Wer macht diese Online-Tests ohne nebenbei ein Wörterbuch zu benutzen oder kurz durch die Grammatik zu blättern?). Das Ergebnis habe ich bisher noch nicht, aber hoffentlich bin ich durch meine kleinen Schummeleien nicht zu gut und muss nachher in einen C-Kurs 😅

***

So ist also der aktuelle Stand. Meine Vorfreude momentan ist einfach riesig und auch die nächsten Wochen werden noch sehr spannend (Klausuren, Auszug, Unternehmungen). Für all diese positiven Gefühle und Erfahrungen bis hierhin bin ich jetzt schon so dankbar.

Ich freue mich darauf, über diese Plattform wieder ein bisschen aus meinem Leben zu teilen!




24. April 2019

Was mich das Reisen gelehrt hat #2

Wer nicht fragt, bleibt dumm
Oder: Nur wer fragt, dem kann geholfen werden. Ein Spruch, der mich seit meiner Kindheit begleitet  (Papa weiß, wovon ich rede), dessen Bedeutung mir aber auch vor allem hier bewusst wurde. Alle Hostels sind eigentlich ausgebucht? Trotzdem anrufen, schreiben und und und. Auch wenn es dauert, irgendwann wird sich eine Lösung finden.

Menschen machen Erinnerungen
Welche Empfindunge ich mit einem bestimmten Ort meiner Reise verbinde, hängt von einer Menge Faktoren ab: Wetter, Aktivitäten, Hostel, aber zu einem Großteil auch von den Menschen, denen ich dort begegne. Nehmen wir beispielsweise Waitomo: Ein Ort, an dem es nicht viel zu tun gibt, außer überteuerte Glühwürmchenhöhlentouren zu besuchen. Das hatte ich schon erledigt und noch einen ganzen Tag vor mir. Hätte ich die "falschen" Menschen um mich herum gehabt, hätte ich mich nur gelangweilt, aber mein Glück waren meine tollen Zimmernachbarinnen, mit denen ich mich super verstanden habe. Damit will ich aber überhaupt nicht sagen, dass man für tolle Erinnerungen immer Leute um sich braucht (einige der tollsten Erfahrungen bisher habe ich alleine gemacht). Trotzdem, bedenkt das immer bei eurer Hostelwahl. Manchmal gebe ich lieber ein paar Dollar mehr pro Nacht für meine Unterkunft aus und habe dafür mit höherer Wahrscheinlichkeit tolle Menschen in meinem Umfeld.

Über rote Ampeln laufen
Ich glaube, da brauche ich nicht viel zu schreiben, aber die neuseeländischen Fußgänger schenken ihren traffic lights nicht zu viel Aufmerksamkeit.

Der Weg ist das Ziel

Zu Anfang habe ich das gar nicht so auf dem Schirm gehabt, aber vor allem, seit ich auf der Südinsel bin, ist es einfach so. Ich kann während der Busfahrten gar nicht schlafen, weil es immer so viel zu sehen gibt. Alles ist so unglaublich facettenreich und beeindruckend, da kann ich nur aus dem Fenster starren.
Aber auch ganz allgemein gesehen hat meine Reise hier ja gar kein Ziel. Die Reise selbst, das Weiterreisen, ist das Ziel, weswegen ich hierhingekommen bin. In Christchurch wird meine Reise durch Neuseeland zwar enden, aber das ist ja schließlich nicht, worauf ich "hinarbeite".
Diesen Ansatz muss ich definitiv versuchen aufrecht zu erhalten, sobald es wieder nach Deutschland geht. So oft habe ich nur das Ziel vor Augen, denke mir, wenn ich xy erreicht habe, ist alles wieder gut. Dabei verbringe ich doch den Hauptteil meines Lebens damit, die Ziele zu erreichen (denn immer, wenn ein Ziel erreicht wurde, steckt man sich ein neues). Warum mache ich mir den Weg nicht schöner, genieße ihn, mache ihn mir so angenehm wie möglich?

Morgenstund hat Gold im Mund
So langsam geht die Hochsaison hier (zum Glück) vorbei und alles wird ein bisschen leerer, entspannter und auch die Busse sind nicht mehr bis zum letzten Platz gefüllt (das etwas kältere Wetter nehme ich da gerne in Kauf). Was mir vor allem im ersten Monat des Reisens aufgefallen ist, früh aufstehen hat in touristischen Orten definitiv seine Vorteile. Es muss ja nicht immer der Sonnenaufgang sein, aber die ersten paar Stunden danach sind einfach am ruhigsten und friedlichsten. Bei Wanderungen zum Beispiel finde ich es wesentlich angenehmer, nicht alle 5 Minuten auf jemanden zu treffen. Viel lieber genieße ich die Ruhe oder eben die (manchmal echt lauten) Geräusche der Natur. Das habe ich zum Beispiel auch stark in Franz Josef beim Alex Knob Track gemerkt. Beim Aufstieg früh morgens konnte ich noch den Vögeln lauschen, beim Abstieg sind fast ununterbrochen Helikopter herumgeflogen. 

Kleines Update (da ich diesen Punkt vor mehr als einem Monat verfasst habe): Mittlerweile schlafe ich auch viel aus, was meist trotzdem nie länger als 8 Uhr ist. Don't stress yourself, besonders in diesen letzten Reisewochen bin ich wirklich ausgelaugt.


Ich bin ein Naturmensch

Obwohl ich das eigentlich schon wusste, hat mir Neuseeland wieder einmal bewiesen, wie sehr das wirklich auf mich zutrifft. Egal wie "down" und unmotiviert ich mal bin, wenn ich mich zu einem Spaziergang (egal, wie kurz) aufraffe und an einen ruhigen Platz in die Natur verschwinde, geht es mir direkt besser. Neuseeland ist dafür auch der perfekte Ort. Jede Stadt/Jedes Dorf/..., egal wie schön oder auch eben nicht (*hust* Westport) hat zumindest ein paar Walks, die bisher immer schön waren.

10. März 2019

Nur wo du zu Fuß warst, warst du wirklich


Heute bin ich ein bisschen sauer geworden. So wütend, dass mir die Tränen in die Augen gestiegen sind. Und traurig.
Ganz kurz, wovon spreche ich gerade eigentlich?

Momentan befinde ich mich am Franz Josef Gletscher an der Westküste der Südinsel. Der erste Eindruck war absolut atemberaubend. Mitten im Tal, von Bergen und eben Gletschern umgeben. Selbst die Wolken, die Neuseelands höchsten Berg leider etwas verdeckten, konnten dem nichts abtun.

Voll Wanderlust bin ich natürlich direkt in meine Wanderschuhe gestiegen und machte mich auf dem Weg zum Parkplatz, von dem quasi alle Wanderwege starten. Die Aussicht war trotz Wolken super, aber wirklich genießen konnte ich den Weg nicht. Mindestens alle zehn Minuten schwirrte ein Helikopter über mir herum, immer und immer wieder. Am Fußgängerweg waren einige Informationsschilder angebracht, die auf das Schmelzen der Gletscher hinwiesen, anhand von Fotos zeigten, wie sich die Gletscherzunge in wenigen Jahrzehnten drastisch zurückgezogen hat. Und dann konnte ich den Gedanken einfach nicht mehr verdrängen, wie widersprüchlich das doch eigentlich ist:

Zitat aus meinem Reisetagebuch, in dem ich, als ich wieder im Hostel war, einmal meinen ganzen Frust abladen musste: "Es kann ja wohl nicht sein, dass die Gletscher geschützt werden sollen und alle über das Schmelzen traurig sind, dann aber wieder alle zehn Minuten ein Heli über einem hinwegfliegt [...] Da schau ich mir den Gletscher doch lieber "nur" von unten an und gebe dafür meinen Kindern usw. die Chance, das ebenfalls zu tun".
Na klar, auch ich bin nicht perfekt (schließlich bin ich mal eben 22h an das andere Ende der Welt geflogen und war auch schon Skydiven), aber was hier passiert, finde ich schon fast lächerlich. Ich will damit ja auch gar keinen verletzen, aber sobald man ein bisschen darüber nachdenkt, wird einem dieser Widerspruch schnell klar. Sind es diese paar Stunden mit tausenden Fotos wirklich wert?

Was ich rückblickend betrachtet auch echt verrückt finde, ist, wie diese Helikopterflüge (meist verbunden mit kleinen Wanderungen auf dem Gletscher) oft beworben werden: "Jo, die Gletscher sind bald weggeschmolzen, also nutzt die Chance und schaut euch den mal mit dem Heli an" (mal ganz übertrieben formuliert). Wie kann man das als Neuseeländer mit gutem Gewissen machen?
 
So, das war jetzt mal ein sehr impulsiver und spontaner Post, der einfach aus mir "rausgesprudelt" ist. Das sind meine rohen Empfindungen ohne jeglichen Filter, also fühlt euch nicht verletzt, ich möchte niemanden angreifen, sondern darauf aufmerksam machen, so manche touristische Ziele kritisch zu hinterfragen und nicht einfach alles mitzumachen. Am Ende muss jeder für sich entscheiden, wie die eigene Reise gestaltet werden soll. Niemand muss direkt auf jegliches Fliegen etc. verzichten, aber auch scheinbar kleine Dinge können einen großen Einfluss haben. Selbst, wenn diese Entscheidungen nur dein Umfeld zum Nachdenken anregen, ist schon etwas geschafft!
Hin und wieder reicht aus einfach schon, dem Ratschlag zu folgen: Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich. Dem kann ich vor allem hier in Neuseeland nur zustimmen.



12. Februar 2019

FOMO beim Reisen

Schon mal etwas von diesem Begriff gehört? Falls nicht, hier die Definition:

[Fear of missing out] beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben. (Quelle:Wikipedia)

Meist wird er im Social Media-Bereich genutzt. Die Angst, etwas zu verpassen, wenn man mal für ein paar Tage offline und nicht direkt erreichbar ist.
Doch darüber schreibe ich jetzt nicht, ich thematisiere dieses unangenehme Gefühl im Bezug zum Reisen, auch wenn Instagram und Co. definitiv etwas damit zu tun haben. Mich betrifft Fomo in der Weise, dass ich mich verrückt mache, nicht "alles" in Neuseeland zu sehen/zu bereisen/zu probieren. Es ist nicht so, als wäre es super prominent zu jedem Zeitpunkt, sondern sitzt eher immer im Hinterkopf und sucht sich die ruhigen Momente aus. Zum Beispiel, wenn ich am Planen bin was mein weiteres Reisen betrifft: Ich durchforste alles, was Pinterest und Instagram zu bieten haben, nach allen möglichen Ideen und Inspirationen halte ich Ausschau. Doch die ganzen "Must-Dos" stressen mich und schränken mich ein. Sie geben mir das Gefühl, nicht "richtig" zu reisen, nicht "effektiv" genug zu sein. Dabei ist das Reisen doch so eine individuelle Sache, die jeder angehen sollte, wie es persönlich passt. Ich zum Bespiel möchte mich hier nicht stressen und bleibe lieber ein paar Nächte länger in einem Ort, um diesen dann "richtig" kennenzulernen. Für andere ist das vielleicht nichts, sie verfolgen einen anderen "Plan", da ist ja nichts schlecht dran. Aber wir müssen aufhören, uns miteinander zu vergleichen, denn das geht schlichtweg mit so vielen unterschiedlichen Interessen etc. einfach nicht. Es gibt niemanden, der alles gesehen hat, irgendetwas lässt man immer aus, ob bewusst oder unbewusst.
Ich selbst muss daran arbeiten, in dieser Hinsicht etwas entspannter und gelassener zu bleiben, aber bin schon auf einem guten Weg. Denn immer wenn ich mich mit anderen Reisenden darüber unterhalte, fühlen diese sich oft ähnlich gestresst.
Wofür auch das Ganze? Du wirst nie an dieses Ziel kommen, alles erlebt zu haben, es ist wie die Unendlichkeit undefinierbar. Es gibt immer mehr, mehr, mehr. 

Du bist genug. 

Es ist deine Reise, auf der du machst, was dir wichtig ist.

6. Februar 2019

Was mich das Reisen gelehrt hat #1

Alleine von einsam zu unterscheiden
Obwohl ich das eigentlich schon immer gerne tue, verbringe ich hier ganz bewusst Zeit für mich alleine. Deswegen braucht man sich nicht antisozial oder komisch vorkommen, denn solange man dabei entspannt und glücklich ist, ist doch alles in Ordnung. Das ist das tolle am alleine Reisen: Du bestimmst, wann du was mit wem oder ohne wen machst. Oder auch einfach mal gar nichts machst. You do you. Du hast alle Freiheit dieser Welt, nutze sie!

Nur kurz dauernde Kontakte
Wenn du Bock auf andere Menschen hast, neue Kontakte knüpfen willst, kannst du ganz einfach auf Leute zugehen, irgendwen lernt man immer kennen. Das einzig Ungewohnte und manchmal echt Doofe ist, dass ein Großteil der Kontakte nur auf kurze Zeit ist. Na klar, Nummern austauschen usw. ist immer eine Option, vielleicht reist man auch mal ein Stück zusammen oder trifft sich woanders wieder, aber die Trennung (hört sich jetzt sehr dramatisch an) findet immer irgendwann statt. Daran musste ich und muss ich mich immer noch gewöhnen, es gehört halt dazu. Aber hey, dafür ist das ein Grund mehr, nicht damit aufzuhören, auf Leute zuzugehen! Und nur weil man geografisch voneinander getrennt ist, heißt das ja nicht, dass damit der Kontakt abbricht. Es gibt genug Möglichkeiten, im Gespräch zu bleiben, sich auszutauschen und später nach der Reise vielleicht auch mal zu treffen.

Entspannter werden
Oh yes, ein Punkt, über den ich wirklich sehr glücklich bin. So gerne wie ich mal alleine bin, geht es um Termine oder andere feste Daten, werde ich richtig nervös. Angst, den Bus zu verpassen, Angst, nicht alles zu sehen, Angst, einsam zu werden. Das hat sich mittlerweile echt ein ganzes Stück verbessert und ich bleibe ruhiger und damit auch stressfreier.

Keine Angst vorm Fragen
Schüchtern und introvertiert, nicht die beste Kombi für Solo Travel dachte ich oft. Lass dich nicht durch diese Gedanken zurückhalten oder verschrecken! Wenn du "gezwungen" bist, Fragen zu stellen, passiert es ganz von selbst, denn du musst ja. Hier einmal anrufen, da noch einmal sichergehen, ob man alles richtig verstanden hat. Alles Dinge, die jetzt kein Problem mehr für mich darstellen. Was soll schon passieren? Lieber abgewiesen werden, als dumm bleiben oder etwas falsch machen.

Minimalismus ist eine tolle Sache
Die Sache mit dem Gepäck, da hätte ich mir daheim vielleicht mal ein paar mehr Gedanken drüber machen sollen. Seitdem ich unterwegs bin (~1,5 Wochen) habe ich nun schon drei Leute getroffen, die nur mit Handgepäck unterwegs sind und das hat mich echt zum Nachdenken gebracht. Eigentlich will ich gar nicht nachzählen, wie viele Oberteile ich mithabe und wie viele ich davon bisher (also 4 Monate lang) weniger als zwei Mal getragen habe, denn es sind sicher einige. Mal schauen, inwiefern ich das in der nächsten Zeit ausmisten kann. Ein leichter Rucksack macht sich nämlich bezahlt! Und zeigt auch ganz deutlich, wie wenig wir eigentlich brauchen und wie viel Unnötiges wir besitzen.

Reisen ist anstrengend
Irgendwie habe ich beim Reisen immer an Urlaub machen gedacht. Aber nein: So viel Spaß wie es macht, ist es trotzdem keine reine Erholung. Eine kleine Auswahl der dafür verantwortlichen Faktoren:
  • Busfahrten (die hier in Neuseeland eigentlich immer lang sind)
  • Weniger/weniger erholsamer Schlaf in Hostels (hängt immer ganz vom Hostel und den Gästen ab)
  • Viel Laufen


Ich bin wirklich dankbar, für jede einzelne dieser Lessons. Sicher kommen mit meiner Reise noch mehr Punkte dazu, schließlich bin ich noch ganz am Anfang.

30. Januar 2019

3 Monate Dairy Farming in Rotorua

Wie denke ich die meisten, die diesen Blog verfolgen, wissen, habe ich die letzten drei Monate auf einer Dairy Farm in Rotorua gearbeitet. In dieser Zeit habe ich so gar nicht die Zeit gefunden, mich in Ruhe an einen Blogpost zu setzen, was in nächster Zeit hoffentlich nachgeholt wird (versprechen kann ich nichts, haha).

Jetzt, wo schon ein paar Tage vergangen sind, möchte ich ein bisschen darüber schreiben, wie die Zeit und Arbeit dort war.

Erst einmal bin ich natürlich dankbar für die Arbeitsstelle. Wir haben recht gut verdient (auf jeden Fall besser als bei Kiwifarms) und mussten vor allem keine Ausgaben für Unterkunft tätigen, weil wir bei Jake, dem Farmer, im Haus leben durften. Sophie, Greta und ich haben richtig Stunden gemacht  (>50/Woche).

Vor allem die Erfahrung, mit den ganzen Neuseeländern in Kontakt zu sein, von ihrem Leben zu hören, Dinge mit ihnen unternehmen, möchte ich nicht missen. Das war einfach etwas ganz anderes, als in Backpackerunterkünften bei den sonst üblichen Jobs. Wer kann schon sagen, dass er bei einem Kiwi gelebt hat, Teil der Familie dort war? Ich habe dort so tolle und interessante Menschen mit verschiedensten Geschichten kennengelernt, die ich jetzt schon wirklich vermisse. Vor allem Tage wie Weihnachten, das wir mit Jakes Familie verbringen durften, haben mir die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen hier gezeigt.

Auch die Arbeit an sich war wirklich voll in Ordnung. Wir hatten sehr viel Abwechslung und haben viel Zeit in Bewegung verbracht (das war in manchen Momenten schöner als in anderen). Zu den Hauptaufgaben gehörte das Weed Sprayen (Unkraut spritzen) und natürlich Melken morgens und abends. 

Ob ich deswegen irgendwann einmal Bauer werde? Ganz sicher nicht. Ja, es war die Erfahrung wert, aber im Endeffekt überwiegt schon mein Mitleid mit den Kühen. Die Monate dort haben mir das vor Augen geführt, was ich eigentlich schon wusste, aber nicht so richtig realisieren wollte. Die Kühe dort (800 auf dieser Farm) werden ganz trocken gesagt als Produktionsmaschinen gesehen, nicht als fühlende und zum leiden fähige Lebewesen. 

Ich habe ausgebroche Kälbchen gesehen, auf der Suche nach Milch bei den Kühen. Ich habe Kälbchen gesehen, die für den Schlachthof nach Gewicht sortiert wurden. Ich habe viele Kühe mit Schmerzen gesehen, zum Platzen gespannten Eutern. Ich habe Kühe gesehen, die für den Schlachthof aussortiert wurden, weil ihre Milchproduktion nicht mehr stimmt. Ich habe Kühe gesehen, die angeschrien und getreten wurde. Irgendwann habe ich angefangen, das selbst ein bisschen zu tun (und es ist ganz schön schwierig, sich das einzugestehen), wenn ich genervt war. 

So etwas will ich nie wieder unterstützen. Nie wieder. Die Zeit dort hat mich definitiv veganer gemacht, als ich es vorher war. Zwischendurch ist es mir wirklich schwergefallen, ohne Tränen über die Arbeit zu reden. Kühe sind wunderbare Tiere, die ihre Babys lieben und die schönsten traurigen Augen der Welt haben.

Aber die Zeit lasse ich hinter mir. Ich will sie nicht missen, denn sonst hätte ich viele Menschen nicht kennengelernt, viele Erfahrungen nicht gemacht und viele Erkenntnisse nicht gehabt. Sie hat mir die Augen geöffnet und dafür werde ich immer dankbar sein.